Lessons learned from UK

In der letzten Woche bin ich in Großbritannien gewesen, genau gesagt in London und in Edinburgh. Von diesem Besuch habe ich viele interessante Erkenntnisse mitgebracht, aber leider auch eine Corona-Infektion. Statt eines Urlaubs verbringe ich diese Woche, also in Bad Meingarten.

Tja, sowas kommt von sowas, werden jetzt einige denken. Aber vorsichtig: Auch zur Pandemiebekämpfung habe ich bei meinem Gespräch im britischen Gesundheitsministerium manches gelernt.

Zunächst einmal, dass man auf den Inseln derzeit um einiges sicherer vor Corona ist als bei uns in Deutschland, die Inzidenz ist aktuell nur etwa halb so hoch. Das war bekanntlich nicht immer so und auch meine Gesprächspartner haben erklärt, vor allem in den ersten Wellen der Pandemie sei Deutschland wesentlich erfolgreicher gewesen. Der Vergleich der Todesopfer in beiden Ländern spricht da eine deutliche Sprache.

Inzwischen schaut es anders aus. Trotz „Freedom Day“ also mehr Sicherheit? Das klingt paradox, hat aber einen plausiblen Grund. Die vorangegangenen Infektionswellen hatten Großbritannien viel härter getroffen als Deutschland, deswegen ist nicht nur die Zahl der Todesfälle, sondern auch die der Genesenen viel höher und damit die sogenannte Grundimmunisierung. Das ist in Deutschland anders, uns sind die bitteren Erfahrungen der Briten erspart geblieben, aber bei uns ist eben auch die Zahl der bereits Genesenen auf einiges niedriger. Wer in Deutschland einen „Freedom Day“ feiern will, muss wissen: Es handelt sich um sehr verschiedene Voraussetzungen in beiden Ländern.

Unterschiede gibt es auch bei den Instrumenten der Pandemiebekämpfung. Großbritannien verfügt über eine Institution, die hohe Anerkennung und hohes Vertrauen in der ganzen Gesellschaft genießt, den National Health Service ( NHS  ). Diese Einrichtung vereinigt einige Merkmale, die deutschen Liberalen zuwider sein müssten. Eine unabhängige, aber öffentliche Institution, die die medizinische Versorgung für die ganze Bevölkerung sicherstellt. Die Aufteilung der Bevölkerung in Privatversicherung und gesetzliche Krankenversicherung kennt man auf der Insel nicht. Das klingt schon fast wie Bürgerversicherung, geht aber sogar darüber noch einmal deutlich hinaus, denn die Finanzierung erfolgt aus Steuermitteln.

Aber es kommt noch mehr dazu: Auf dieser Grundlage findet in Großbritannien auch eine ganz andere öffentliche Gesundheitsvorsorge statt. Der NHS sammelt die individuellen Gesundheitsdaten und meldet sich von selbst, wenn zum Beispiel die nächste Impfung ansteht. Das klingt für deutsche Ohren fremd, genießt aber in UK große Akzeptanz und ist gerade jetzt sehr erfolgreich.

Auch bei den Corona-Regeln geht man in Großbritannien anders vor als in Deutschland. Seit Samstag gilt bei uns das neue Infektionsschutzgesetz des Bundes. Die Länder haben danach bei der Pandemiebekämpfung nicht mehr viel zu melden und fast alle Instrumente, die bis jetzt zur Verfügung standen, sind gesetzlich ausgeschlossen. Und in Großbritannien? Die Wahl der Mittel entscheidet sich dort in den Regionen und wenn sich die Situation wieder verschärfen sollte, würde auch sofort eine Reaktion erfolgen, hat man mir im Gesundheitsministerium versichert. Aus dortiger Sicht dürfte der deutsche Weg einigermaßen naiv anmuten.

Seit Samstag gibt es so gut wie keine Corona-Regeln mehr in Deutschland. Auf die Erfahrungen in Großbritannien kann man sich dabei jedenfalls nicht berufen.

Ich wünsche Euch eine gute Woche.